Seit Monaten wird in den Blogs über die Zukunft des populären Nachrichtenportals Digg spekuliert, eines News-Aggregators, der seine Inhalte und deren Wichtigkeit von den Nutzern bestimmen lässt. Zuletzt meldete dann auch noch das bekannte US-Start-up-Medium TechCrunch, dass Google bald für bis zu 200 Millionen Dollar zuschlagen werde. Die Gerüchteseite Valleywag widersprach dem allerdings: Der Deal zwischen Google und Digg sei offenbar durchgefallen.
Weder die eine noch die andere Firma wollen die Übernahmespekulationen offiziell kommentieren. Die Diskussion wirft allerdings ein Schlaglicht auf einen Bereich im Google-Imperium, der als Schwachpunkt gilt: Den Nachrichtendienst Google News. Experten bemängeln, dass er schlechter sei als andere innovative Neuigkeiten-Sammelstellen im Web – und noch dazu auch bei großen Geschichten zu langsam reagiere. So dauerte es beispielsweise über eine Stunde, bis die Nachricht auf Google News auftauchte, dass der bekannte US-Journalist Tim Russert verstorben war – dabei sprachen längst zahlreiche Blogs davon und die Nachrichtenagenturen hatten es lange auf dem Ticker. Google gab danach an, dies habe mit einem Softwarefehler zu tun gehabt. Doch auch in anderen Fällen war die Geschwindigkeit von Google News nicht gerade beeindruckend: So dauerte es vor zwei Jahren rund 25 Minuten, bis über den Rücktritt von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld berichtet wurde. Bei Digg war sich die Neuigkeit bereits nach Minuten auf der Homepage.
Google News und Digg versuchen beide, die populärsten Geschichten im Web abzubilden. Der Ansatz könnte aber kaum unterschiedlicher sein. Digg stützt sich auf eine Armee von "Bürgerreportern", die interessante Nachrichten aufstöbern und die Links dorthin dann einstellen, damit die Gemeinschaft sie bewerten kann. Spezielle Algorithmen ermitteln, ob eine Geschichte genügend Stimmen erhalten hat, um auf die Digg-Homepage zu gelangen. Dort sehen sie dann Millionen von Nutzern.
Google arbeitet hingegen vollständig automatisiert und nutzt diese "Weisheit der Massen" kaum. Josh Cohen, Business-Produktmanager bei Google, erklärt, dass die Rechner der Firma Schlagzeilen und Geschichten von 4500 englischsprachigen Nachrichtenquellen durchforsten (Tausende weitere werden in 21 unterschiedlichen Sprachen ebenfalls abgedeckt). Danach scannt ein Algorithmus die Seiten auf Schlüsselbegriffe und gruppiert sie nach Kategorien. Die Rangfolge wird dann auf zwei Arten bestimmt: Erstens schaut sich Google an, wo eine Geschichte auf einer Nachrichtenseite platziert ist, weil dies ein Indikator für ihre Wichtigkeit sein kann. Zweitens wird die Geschichte innerhalb ihres "Clusters" eingeordnet, also innerhalb eines Haufens ähnlicher Nachrichten. Duplikate sind dabei weniger wert als Originalinhalte. Außerdem werden die Links nach vorne genommen, die von anderen Nutzern am häufigsten geklickt werden, wie Cohen sagt.
Ein Umbau des derzeitigen Google News-Dienstes in Richtung eines Digg-Clones sei aber nicht unbedingt sinnvoll, meint Greg Sterling, Gründer des Beratungsunternehmens Sterling Market Intelligence. Google sei traditionell konservativ, wenn es um Veränderungen bei der Interaktion der Nutzer mit bestehenden Diensten ginge. Doch ganz monolithisch ist Google News auch wieder nicht: So experimentierte das Portal kürzlich damit, Journalisten und Quellen Nachrichten, in denen sie vorkommen, direkt kommentieren zu lassen. Sterling glaubt deshalb, dass es wohl am besten wäre, wenn Google Daten von Digg-Nutzern verwenden würde, um die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Google News-Algorithmen zu verbessern.
Würde Google Digg kaufen oder anderweitig Zugriff auf die proprietäre Technologie oder die Nutzerdaten des Unternehmens erhalten, käme das zwar einer Abkürzung auf dem Weg zum idealen Newsdienst gleich, meint Dan Gillmor, Direktor des "Knight Center for Digital Media Entrepreneurship" am Institut für Journalismus der Arizona State University. Doch Google könne das im Grunde auch selbst. "Auch wenn ich finde, dass die Jungs mehr mit Google News hätten machen können, besteht doch immer noch die Möglichkeit dazu."
Autor: Kate Greene
Zitiert aus folgender Quelle: Heise.de
Freitag, 22. August 2008
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